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Streit mit Narzissten

Enttäuschung, Leere, Trauer, Wut… was ist da nur passiert? Hast du dich schon einmal mit einer Narzisstin oder einem Narzissten gestritten?
 Man hat oft das Gefühl, dass es ein Konflikt ist, der scheinbar aus dem Nichts entsteht. Ein Streit mit Narzissten verläuft häufig sehr dramatisch und endet dann oft in einem „großen Ding“, bei dem man selbst denkt: „Was war das, was ist da gerade passiert?“ Vielleicht ist der Gedanke auch: „Was habe ich nur getan?“ Eventuell fühlt man sich schuldig und ist am Boden zerstört. Irgendwie kann aber das Ganze kaum vernünftig wiedergeben, was da eigentlich passiert ist…

Aber was ist bei einer Konfliktsituation oder einem Streit mit Narzissten so besonders, wie läuft ein Streit mit Narzissten ab? Wie sieht es in engen Beziehungen aus, wie laufen die Streits hier ab? Welche Dynamiken liegen vielleicht dahinter ?
Wie kann man mit einem Konflikt oder Streit mit Narzissten – auch im Alltag – umgehen? Das schauen wir uns heute einmal gemeinsam an. Selbstverständlich trifft das alles sowohl für männliche wie auch für weibliche Narzissten zu: 

Streit mit Narzissten: Wie läuft ein Konflikt eigentlich ab?

Der Zeitpunkt und Beginn eines Konflikts oder Streits: Hier greife ich nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse zurück, sondern auf Erfahrungen, die ich gemacht habe. Mir ist aufgefallen, dass Narzissten den Streit eigentlich fast immer an ein paar sich wiederholenden Punkten beginnen:

  • Es läuft alles scheinbar unglaublich harmonisch ab. Die Person, die mit dem Narzissten zu tun hat, denkt „Endlich ist alles gut, der Narzisst ist zufrieden und so soll es jetzt bleiben“. (Denn man kennt im engen Umfeld von Narzissten diese komischen Stimmungswechel und extremen Konflikte schon und hat Angst davor.) Vielleicht war es so entspannt nach ein paar ganz schönen Tagen, die man zusammen am Strand verbracht hat, oder man hat mit seinem Kollegen den lang ersehnten Auftrag geholt. Vielleicht hat man auch ein paar lustige erste Tage mit einer Freundin im Urlaub gehabt. Die narzisstischen Eltern waren recht entspannt, man konnte als Kind durchatmen. Plötzlich kommt es zu einem – vom Narzissten provozierten – Konflikt, dem man sich kaum entziehen kann.

oder auch ..

  • Es kann aber auch passieren, dass der Narzisst ein schlechtes Erlebnis hatte und er verletzt bzw. bei genauem Hinschauen gekränkt wurde. In dem Fall muss er – ich nenne es mal „Druck ablassen“. Es ist die narzisstische Wut, die sich dann wieder einmal an dem Gegenüber entladen muss. Der Streit mit Narzissten beginnt – und das ist das Kuriose – in beiden Szenarien für das Gegenüber oft scheinbar aus dem Nichts. Der Narzisst provoziert dabei oftmals einfach eine Situation und hofft auf die (emotionale) Reaktion seines Gegenübers. Das ist die „Manipulation“ über die sowohl Reinhard Haller (Buch, „Die Narzissmusfalle“, bspw. Seite 121) hier sei aber auch ergänzt, dass seine Arbeit durchaus auch kritisch betrachtet wird), wie auch Otto Kernberg, ein renommierter US-amerikanischer Psychiater, Psychoanalytiker und Referent  in seinem  Buch „Narzissmus“, 1. Auflage, bspw. Seite 283 schreiben. 
Wobei ich den Begriff fast zu berechnend finde, es sind aus Sicht des Narzissten aus meiner Sicht leider gewohnte Abläufe sich emotional Luft zu verschaffen und Ärger los zu werden. 
  • Es ist aber auch möglich, dass der Narzisst von seinem Gegenüber auf einen Punkt kritisch angesprochenen und dadurch kritisiert wird. Das absolute „Worst Case“- Szenario für ihn, leiden Narzissten doch an einem ganz geringem Selbstwert.
  • Streits entstehen aber auch, wenn man Narzissten klare Grenzen setzt oder eine andere Meinung hat, die man durchsetzen möchte.

Ich habe selbst etwas schaurig-„faszinierendes“ beobachtet

Dazu gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse – aber es ist mir bisher bei jedem Narzissten im Streit begegnet: Der Blick ändert sich. Er wird kalt und starr, mich hat er immer an eine „böse Hexe“ aus schlimmen Kinderfilmen oder so einen „dunklen Magier“ erinnert. Ein weiteres Phänomen, das ich beobachtet habe: Der Ton der Sprache ändert sich. Die Sprache wird kalt, streng ohne jegliche Stimmung, mich erinnert das immer an so einen (gemeinen) „strengen Lehrer“.
 Damit weiß man oder ahnt schon, wenn man sich schon länger in seinem engen Umfeld mit Narzissten umgibt, dass dann eine schreckliche Dynamik beginnt, die kaum zu beschreiben ist…

Streit mit Narzissten, der Verlauf: Hass, Wut, Drohungen und emotionale Schmerzen

Reinhard Haller schreibt in seinem erwähnten Buch, dass Narzissten sich unterschiedlicher psychischer Techniken bedienen. Sie umfassen seiner Meinung nach alle Arten des Mobbings wie ständiges Kritisieren, Drohen, Kontaktverweigerung, Abwerten und auch dauerndes Schikanieren, Quälen und das Verletzen von Mitmenschen. (Reinhard Haller, „Die Narzissmusfalle“). Wobei ich finde, dass sich „Techniken bedienen“ fast so klingt, als würden Narzissten das alles immer alles genau planen. Da würde man sie aus meiner Sicht maßlos überschätzen. Für Narzissten funktioniert die Welt leider oft so, das sind Reaktionen, die sie oft schon ist ihrer Kindheit haben. Das erklärt vieles, aber entschuldigt nichts. Deswegen ist es so wichtig, ihnen da ganz klare Grenzen zu setzen, aber dazu später mehr. Viele diese von den eben von Reinhard Haller beschriebenen Verhaltensweisen werden, wie ich finde, auch bei Konflikten (unbewusst) von den Narzissten an den Tag gelegt bzw. versucht anzuwenden.
Der Konflikt an sich hat verschiedene Dynamiken, die ich beobachtet habe. Das sind eigene Erfahrungen und was ich aus der Literatur als Gesamterklärung für mich zusammengefasst habe. Aber auch hier gilt, wie immer: Es gibt natürlich kein „Schwarz-weiß“- Denken bei mir (..du kennst mich ja mittlerweile..), die Streits können so oder so ähnlich ablaufen. Zudem kommt es bei den Streits oft darauf an, in welcher Beziehung man mit den Narzissten steht – enges oder weiteres Umfeld – und auch, wie sehr man selbst auch Probleme hat, Grenzen zu setzen oder sich in (emotionalen) Abhängigkeiten befindet.  



Ich beschriebe dir jetzt einen beispielhaften Streit mit Narzissten in einer Beziehungen mit einem größeren Abgrenzungsproblem:

Ein Liebespaar – nennen wir sie Lea und Ben – führen eine Fernbeziehung und verbringen die Feiertage miteinander bei den Eltern von Ben. Lea entdeckt plötzlich ein Bild, das bei den Eltern im Haus steht. Es zeigt Ben mit Anne – die er ihr als seine Tennispartnerin und weitläufige Bekannte vorgestellt hatte – eng umschlungen und verliebt auf einer Familienfeier vor zwei Jahren bei Bens Familie. Lea ist verwirrt, da es scheinbar eine längere Beziehung und keine lockere Tennisbekanntschaft mit Anne gewesen ist, ganz anders als er immer sagte. Am Abend vor dem Schlafen möchte Lea Ben nun darauf ansprechen und sagt „Sag mal Schatz, warum hast Du da denn nicht einfach die Wahrheit gesagt, das war doch scheinbar eine enge Beziehung, die Du mit Anne hattest und sie war doch nicht einfach nur eine Tennispartnerin“? Sie wollte die Frage einfach beantwortet haben, denn sie verstand nicht, wieso er das so verdreht hatte. Schließlich spielten beide auch noch immer im Verein und Lea fand es immer schon so komisch, dass Anne sie kaum beachtete, wenn sie mal auf dem Tennisplatz bei Ben zuschaute.

Was passiert bei dem stark narzisstischen Ben?

Auf einmal ändert sich sein Blick, sein Tonfall vorher noch recht liebevoll, wechselt zu monoton und er beginnt streng und emotionslos zu werden. Er beginnt aggressiv zu fragen, was diese komischen Nachfragen sollen. Sie schient da etwas nicht verstanden zu haben und ob es sie ein Eifersuchtsproblem hat. Er wird laut und Lea versucht verzweifelt, die Situation irgendwie zu steuern. Sie merkt aber im Verlauf, dass von ihm alles verdreht wird. Sie hätte wohl das ganze nicht begriffen, sie hätte wohl ein Problem, dass er auch andere Beziehungen hatte.. und so weiter.… das ganze eskaliert, Ben dreht sich um, schweigt und schläft ein.
Die Nacht schläft Lea nicht, Ben aber scheinbar bestens. Am nächsten Tag vor den Eltern tut er freundlich. Kaum sind beide von Eltern getrennt und sitzen im Auto auf dem Weg in seine Wohnung, beginnt ein Schweigen seinerseits. Zu Hause anbekommen sagt er “Ich glaube, ich mache bald Schluss Lea, das alles stresst mich so sehr, immer wieder hast Du was, Du nervst“. Das ist alles. Lea ist verwirrt. Sie versucht verzweifelt mit Ben zu sprechen, begreift gar nicht, was plötzlich los war. Sie hatte doch einfach nur nach dem Bild und der komischen Geschichte gefragt. Aber Ben blockt immer mehr ab. Er sieht
Netflix, beachtet sie nicht und sagt nur immer wieder, „sie soll ihn in Ruhe lassen“, schickt sie emotionslos weg. „Lass es endlich, Lea“, murmelte er vor sich hin „Geh Lea, geh endlich“. 
Lea war völlig schockiert, packt ihre Sachen und fährt die 500km mit dem Auto nach Hause, obwohl sie noch ein paar Tage in Hamburg bleiben wollte. Denn Ben und sie haben eine Fernbeziehung von mehreren 100 Kilometern, die sie regelmäßig zu ihm fuhr.

Auf dem Weg nach Hause im Auto macht sie sich die ganze Zeit Gedanken.

Ben meldet sich nicht bei ihr. Er fragt nicht mal, ob sie gut angekommen ist. Ben hatte das Handy sogar zwei Tage ausgeschaltet, zumindest wirkte es so, denn ihre Nachrichten wurden nicht übertragen, danach drückte er sie immer weg, wenn sie ihn wiederholt anrief. Was macht Lea aber nun? Sie beendet nicht die Verbindung zu ihm, trennt sich womöglich – denn so lange kennen sie sich noch nicht. Lea beginnt auch nicht, objektiv die Situation zu beleuchten und reflektiert nicht, wie er sie behandelt. Sie macht sich immer stärkere Selbstvorwürfe: „Hat sie vielleicht sogar überreagiert? Was ist die Ex-Freundin schon wichtig, sie hat doch keine Bedeutung, bestimmt hat sie das falsch verstanden und wenn nicht naja, dann muss sie da in Zukunft einfach besser aufpassen, was sie sagt, vielleicht hatte Anne ihn ja auch verletzt ..“ 

Ben schweigt mehrere Tage, bis sie plötzlich wieder etwas von ihm hört.

Dann plötzlich meldet sich Ben wieder – er fragt nicht, wie es ihr geht, er will am Wochenende etwas mit ihr unternehmen, zu Freunden mit ihr fahren, macht Pläne. Gemeinsam will er plötzlich über Ostern nach Belgien mit ihr und seiner Familie fahren, so überschwänglich kannte sie ihn gar nicht. Lea war noch immer so verwirrt und nach seinem Melden und den Plänen noch mehr im Durcheinander gefangen: Sie konnte tagelang kaum schlafen und essen, im Gedankenkarussell gefangen und er tut, als ob nichts passiert wäre?! Aber sie thematisiert es nicht, sie schiebt es weg: So war er eben und eigentlich lang es bestimmt auch an ihr und ihrer Art, dass er bzw. die Situation so war. Er macht ja jetzt wieder Pläne und wollte mit ihr also auch zusammen sein. 
Lea ist einfach dankbar und froh, dass nun alles wieder gut ist und es endlich wieder gemeinsame Pläne gibt. (Bis zur zum nächsten Konflikt und zur nächsten „Attacke“ von Ben.)



Streit mit Narzissten: Die Dynamik des Konflikts 

Betrachten wir nun einmal die Dynamiken beim Streit mit Narzissten: Man kritisiert bspw. den Narzissten, setzt ihm Grenzen oder fragt bei einer Sache, die einem widersprüchlich erscheint, nach. Dann beginnt beim Narzissten oft au dem scheinbaren Nichts eine extreme und völlig unangemessene Reaktion darauf, mit Beschimpfungen oder mitunter sehr harten und abwertenden Ausdrücken. Es werden widersprüchliche Aussagen und Erklärungen in dem Gespräch getätigt, gelogen und Tatsachen verdreht. „Warum überhaupt gefragt wird“ und „Was das jetzt soll“. „Das Gegenüber soll nicht nerven“, „hat sich mal wieder getäuscht.“ Dann beginnen die Abwertungen: „das Gegenüber ist womöglich neidisch“ und einfach „krankhaft eifersüchtig“ oder „dem Narzissten wohl nicht gewachsen.“ Das Ganze kann emotional, zudem sehr laut und auch in eine stundenlange Endlosdiskussion übergehen.

Einschüchtern mit Drohungen

Der Narzisst äußert meistens auch noch Drohungen, um seinen vorherigen Aussagen Nachdruck zu verleihen. „Vielleicht wird er die Partnerin verlassen“, die „Kinder dürfen nicht auf den Reiterhof in den Ferien, das wird abgesagt“ oder „die jahrelange Freundschaft muss nun noch einmal überdacht werden.“ Ein Mitarbeiter wird laut einem narzisstischen Chef „kein Bein mehr auf den Boden kriegen“. Die narzisstische Mutter droht im Streit, „die Tochter jetzt enterben“. Das alles wabert während und auch nach dem Streit aber es bleibt meist erst einmal offen, ob das wirklich auch passieren wird. Denn so bleibt die Unsicherheit maximal beim Gegenüber, das gefällt Narzissten sehr. Denn so haben sie indirekt die Aufmerksamkeit und vor allem auch vermeintlich die Kontrolle über die Situation und das Gegenüber. Nur manchmal im Affekt neigen sie dann zu extremen Aktionen und setzen die Drohung auch wirklich um. 

Für den Partner, das Kind, Familienangehörige oder einem guten Freund ist das alles wie ein „schlechter“ Film.

Es fühlt sich, wenn man in diese Streits gerät,  für das Umfeld wie eine Lawine an, die über sie rollt. Diese wollten etwas ansprechen, nachfragen oder einfach nur klären und plötzlich werden sie zum Angreifer oder werden sie angegriffen? Sie versuchen zu argumentieren, zu strukturieren und zu verstehen. Aber es klappt einfach nicht.

Verunsicherung steigt

Dabei wird die Verunsicherung immer größer – je unsicherer man oft auch selbst ist –  während und auch nach dem Streit: „Habe ich das wirklich gesagt, habe ich es so getan?“ Je länger der Streit geht, umso verwirrender wird er, umso emotionaler die Situation. Tränen fließen. Anstatt hier dem Narzissten spätestens jetzt seine ganz klare Grenze zu setzen, kann es hier in eine in eine ganz ungesunde Dynamik gehen. Dann, wenn man emotional tief in den ungesunden Dynamiken mit Narzissten gefangen und diese leider auch gewohnt ist, hat man oft nur noch eine Bitte: „Lass doch alles wieder gut sein!“. Aber den Gefallen tut der Narzisst oder die Narzissten seinem Gegenüber häufig nicht. Sie brauchen diese Konflikte, um sich selbst emotional zu stabilisieren und eigenen Ärger zu projizieren, zu kontrollieren. Zu groß ist oft auch ihre narzisstische Wut und ihre eigene Kränkung..Zudem treffen sie diese Art der Streits aufgrund ihres Mangels an Empathie emotional oft kaum.

Ende des Streits – diese Leere

Beendet wird der Konflikt meistens abrupt, oft mit Schweigen, das über Tage und auch Wochen gehen kann. Der Narzisst wartet so lange, bis das Gegenüber genug „gebüßt“ hat und bei allem Erdenklichen schwört, sich nie wieder so zu verhalten und sich natürlich mehrfach zu entschuldigen. Der Narzisst lebt in der Zeit des Schweigens scheinbar unbeschwert, nimmt sich viele Freiheiten, versucht das Gegenüber zu verunsichern, indem er vielleicht bis früh morgens einfach weg bleibt.

„Die Versöhnung“

Die „Versöhnung“ nach einem Streit mit Narzissten kommt genauso, wie es zum Streit kam, ganz plötzlich und unerwartet. Der Narzisst möchte dann aber auch nicht mehr über den Vorfall reden. Für ihn ist es „erledigt“ und alles gesagt… Na ja, solange, bis er Gesagtes oder den Konflikt wieder gegen einen verwenden kann.

Wie geht es den Personen, die mit den Narzissten gestritten haben?

Konflikte und Streits mit Narzissten: Sie sind – wenn man sehr tief emotional involviert ist – wie ein Marathon, emotional betrachtet oder wie 90 Minuten mit Schleudergang in einer Waschmaschine. Es ist eine Leere da – ob als Partner, als Kind, Mitarbeiter, Freundin, als Enkelkind oder als Sohn eines Narzissten.  Bei oft geringem Selbstwert der große Zweifel an sich selbst: Hat man den Streit nicht vielleicht auch herausgefordert, hat man zu viel gefordert oder gefragt. War der Streit nicht selbst verursacht und das jetzt mitunter die richtige Reaktion? Es sind vor allem diese zermürbenden Selbstzweifel, die nicht stoppen wollen, die einfach nicht aufhören – nicht tagsüber und nicht nachts. Nicht auf der Arbeit und nicht beim Sport. Ist das Schweigen jetzt nicht berechtigt? So geht das Gedankenkarussell mitunter weiter, bis der Narzisst scheinbar endlich „Gnade“ walten lässt.

Warum ist das Streiten mit Narzissten so?

Das ist eine spannende Frage. Ich selbst habe mich das so oft gefragt und Antworten gesucht. Denn nie konnte ich verstehen, wieso man sich das eigene Leben und das seines Umfelds so sehr vergiftet. Unfassbar auch so ein Verhalten gegenüber Kindern, die von einem Erwachsenen abhängig sind, dauerhaft so einem „Psychoterror“ auszusetzen.
Um diese Frage für mich zu beantworten, habe ich verschiedene Gedankengänge anderer, die mir immer wieder begegnet sind, für ganz hilfreich empfunden. Ergänzt habe ich diese dann um eigenen Ideen. Ich habe mich sehr sogar irgendwann so intensiv mit dem Thema Streit mit Narzissten auseinandergesetzt, dass es sogar einen Abschnitt in meinem eigenen Buch bekommen hat. 

Emotionen: Energie durch den Konflikt 


Emotionen sind für ihn die narzisstische Zufuhr und Energie, die er (oder sie) eben braucht, um sich und sein labiles Selbstwertgefühl einigermaßen zu stabilisieren, das hatte ich dir ja auch schon mal erzählt. Negative Emotionen der anderen haben da manchmal sogar noch einen höheren Stellenwert als positive Emotionen. Die sind ja oftmals auch leichter zu bekommen. Denn nicht jeder macht diese Dynamik gleich mit, viele Menschen ziehen (glücklicherweise) dem Narzissten ganz schnell ihre Grenzen. Es braucht Zeit, oft (emotionale) Abhängigkeit, um Vertrauen zu schaffen und den Bogen bei Streits immer weiter zu spannen, sodass das Gegenüber auch nach einem Beschuss zurückkommt oder bleibt. Denn das ist oftmals der Effekt.

Abwehr von Kritik und Stabilisierung

Für den Narzissten ist es der „Worst Case“, wenn er kritisiert wird. Sein sowieso schon labiles Selbstwertgefühl wird angegriffen. Narzissten können dann vermutlich dann nur auf eine Art und Weise reagieren: Abwehr und Wut. Narzisstische Wut, die Kohut als „Begleiterscheinung der Frustration narzisstischer Bedürfnisse“ beschreibt (siehe Kernberg, Buch „Narzissmus“, 1. Auflage, Seite 179). Sie müssen sich, wie ich glaube, einfach wieder stabilisieren in dem sie Macht und Kontrolle wieder herstellen. Denn wie ich schon einmal geschrieben hatte: Die Durchsetzung des eigenen Willens ist es, die ihnen die Ausübung von Macht und somit die benötigte innere Stabilität verleiht. So wird es in dem  Buch von Kernberg beschrieben.Ist das Gegenüber mit seinen Nerven am Ende und weint, fleht vielleicht danach, dass „bitte alles wieder gut wird“, steigt in die ungesunden Dynamiken ein und setzt keine Grenzen sondern ordnet sich unter, dann zeigt es dem Narzissten, wie stark er (vermeintlich) ist indem er die Kontrolle wieder erlangt. Er spürt die Verlustangst des anderen, die vermutlich extrem stark ausgeprägt ist, das führt beim mNarzissten aber nicht dazu, aufzuhören. Es stärkt sogar sein labiles Selbstwertgefühl, er fühlt sich endlich wieder „stark“.

Emotionaler Ausgleich

Narzissten brauchen einfach einen „Blitzableiter“, um seine negativen Erlebnisse mit anderen zu verarbeiten. So zum Beispiel Zurückweisungen oder Kritik von anderen. Diese verarbeitet er dann häufig nicht in einer Austragung des Konflikts mit der Person, die ihn verärgert hat. Narzissten „verlagern“ diesen gerne auf eine andere, vertrautere Person im engen Umfeld. Sie dienen als Schuttabladestelle, bei der Narzissten oft wissen, dass sie dort keine Konsequenzen zu fürchten haben. Anders als zum Beispiel auf der Arbeit bspw. bei Vorgesetzten oder im Verein, wo sie gut dastehen möchten. Aber auch bei Personen, von denen sie etwas wollen und Anerkennung benötigen schauen sie sich, nicht von ihrer abwertenden Seite von sich zu zeigen. Diese Menschen bleiben dann vom „Schutt“ verschont.




Streit mit Narzissten: Was empfindet der Narzisst vermutlich dabei?

Ich denke, negative Energie ist narzisstische Zufuhr, ein Streit ist für Narzissten manchmal eine große Herausforderung und Challenge. Er soll vor allem das „Machtverhältnis“ wieder gerade rücken und der Narzisst so wieder Kontrolle zu erlangen. So soll vor allem die Stabilisierung seines kaum vorhandenen Selbstwerts erfolgen. Narzissten haben in dem Moment scheinbar kein anderes Tool, als die narzisstische Wut, die sich eben in emotionaler oder mitunter – im Extremfall sogar körperlicher Gewalt, aber da sind wir im ganz extremen Bereich – und Manipulationen äußert. Nur so entsteht der emotionale Ausgleich für den Narzissten und die Stabilisierung seines angeschlagenen Selbstwerts. Das ist alles andere als gesund und auch nicht in Ordnung.

Streit mit Narzissten: Schweigen ist für Narzissten ein „Manipulationswerkzeug“

Meiner Meinung nach versuchen sie über Schweigen nach dem Streit einfach enormen Druck auszuüben und die eigene Unzufriedenheit auf das Gegenüber zu übertragen. Narzissten haben kein Problem damit, tagelang nichts zu sagen. Ihnen gibt es zudem narzisstische Zufuhr und stabilisiert ihren geringen Selbstwert. Wenn das Gegenüber um sie kreist, sich um sie bemüht oder auch Sorgen und Nöte wegen ihnen hat, tut ihnen das innerlich gut und entspannt sie sogar. Durch den Mangel an Empathie haben sie weder Mitgefühl noch ein schlechtes Gewissen, sogar nicht bei den eigenen Kindern. Zudem sind sie unfassbar schnell gekränkt, ein Konflikt, der aus einer Grenzsetzung eines Gegenübers entstanden ist, hat oft ihren Selbstwert ins Wanken gebracht. Auch das ist ein Ausdruck ihrer Wut, die sie deshalb auf ihr Gegenüber haben oder eben auf einen anderen Menschen im engen Umfeld verlagern. Schweigen ist für Narzissten ein leider probates Mittel, dies zum Ausdruck zu bringen, aber eben kein erwachsener Umgang mit Konflikten und nicht lösungsorientiert, sondern eher ein kindliches Verhalten. 

Keine Konsequenzen

Wie fühlt man sich nach einem Streit mit Narzissten?

Das Umfeld ist nach einem solchen Streit oft komplett verwirrt, man denkt zudem ständig über das eigene Verhalten nach (anstatt mal beim narzisstischen Gegenüber zu schauen) und meistens viel zu kritisch. Denn der Narzisst hat es bei genaue Hinschauen bestimmt auch geschafft,  ziemlich treffsicher die wunden Punkte des anderen zu treffen. Denn das machen Narzissten leider oft. Narzissten haben im Gegensatz zu ihrem Umfeld gar kein Interesse daran, solche Situationen schnell zu klären, denn dann haben sie keine Aufmerksamkeit. Narzissten dramatisieren Streits häufig im Nachgang häufig sogar noch so sehr und sind untröstlich, bis das Gegenüber in Tränen ausbricht und im Extremfall sogar dann selbst dann noch um Verzeihung bittet, sich immer wieder entschuldigt, obwohl er oder sie vom Narzissten abgewertet worden ist.
Trotz dieser – objektiv von außen betrachtetet fast „Psycho“-Streits – machen Partner, Freunde und Kollegen diese Dynamik manchmal sehr lange mit… Schon wieder einmal ein Streit mit Narzissten? Warum gehen diese dann nicht einfach? Manchmal geht es schlichtweg nicht möglich, denn als Kind narzisstischer Eltern kann man nicht mal eben ausziehen. Kinder wollen zudem einfach nur bedingungslos geliebt werden, um jeden Preis. Aber warum gehen erwachsene Menschen manchmal auch einfach nicht Fundziehen ihre klare Grenze? 

Ungesunde, verborgene Dynamik

Es gibt im Extremfall oft eine ungesunde Dynamik, die hinter solchen Beziehungen verborgen ist. Denn das Gegenüber des Narzissten neigt sehr oft zu einer ähnlichen Problematik wie der Narzisst: dem geringen Selbstwertgefühl. Nur begegnet er diesem – im Gegensatz zum Narzissten – mit einer anderen Dynamik. (Mehr dazu in meinem Artikel: „Der tägliche Tanz zwischen Narzisst und Co-Narzisst“ ).

Selbstvorwürfe und kein Schuldbewusstsein

Das Gegenüber macht sich deshalb oftmals starke Selbstvorwürfe, hinterfragt sich selbst und „die eigene Schuld an der Situation“ über die Maßen hinaus und setzt keine Grenzen. Denn die Betroffenen haben Angst vor Enttäuschung und ebenso vielleicht sogar verlassen zu werden. Das eigene Schuldbewusstsein und die eigene Selbstreflexion des Gegenübers, der das ständig mitmacht, ist oft viel zu hoch. Auch wenn der Narzisst sich in Streits  noch so abwertend verhält, der sog. Komplementärnarzisst bleibt leider oft in der Beziehung und geht nicht. Der Narzisst oder die Narzisstin jedoch – und das ist das Paradoxe dabei – sieht auch nach einem Streit keinerlei Schuld bei sich. Das Gegenüber hat sich aus seiner  Sicht schlecht verhalten, soll sich möglichst noch entschuldigen – Narzissten jedoch (darauf kannst Du mal achten) entschuldigen sich auch nach einem Streit so gut wie nie. (Und wenn, dann mit einem ABER DU HAST,….) Er will sein Gegenüber scheinbar nur loswerden.

Wie kann man jetzt mit einem Narzissten streiten bzw. Konflikte austragen?

Sicherlich kann man durch gewisse Kommunikationstechniken versuchen, das „Schiff irgendwie zu steuern“. Das wird aber mitunter im engen Umfeld nur gehen, wenn das Umfeld sich selbst quasi teilweise selbst als Person mit eigenen Wünschen und Interessen „aufgibt“: Narzissten bei einem Streit das zu geben, was er möchte, die ungesunde narzisstische Zufuhr und Stabilisierung. Aber alles dann auf Kosten des eigenen Wohlbefindens. Trotzdem kann man sich ihnen manchmal einfach oft nicht gleich entziehen. Gerade dann, wenn man gemeinsam zusammenlebt. Hier kann man schrittweise Beginnen, seine Grenzen zu setzen, aber mit dem Bewusstsein, dass dies zu herausfordernden Situationen führen wird, gerade dann, wenn man sich lange in den ungesunden Dynamiken befunden hat. Trotzdem möchte ich den dazu ermutigen.

Hier ein paar weitere Tipps zum Streit mit Narzissten:

    • Dynamiken, die ich beschrieben habe, erkennen.
    • Eine klare Haltung haben und sich nichts einreden und unterstellen lassen.
    • Sich von Drohungen nicht einschüchtern lassen.
    • Endlose Diskussionen souverän stoppen und gehen, sich nicht in diese Dynamiken hineinziehen lassen.
    • Sich nicht bei Provokationen reizen lassen.
    • Bei Sticheleien auf ein „unverfängliches“ Thema wie Wetter, Kunst oder Urlaubsziele umschwenken.

Das alles ist im Alltag und in weitläufigeren Beziehungen, wenn man sich ab und zu trifft, eine Möglichkeit Konflikte auszutragen. Im engen Umfeld wird es mit großer Wahrscheinlichkeit kaum funktionieren, zudem geht es langfristig auf Kosten der eigenen psychische Gesundheit. Deswegen schau genau, wann und wie du dir das geben möchtest bzw. musst. Das ist in engen Beziehungen, in denen man sich täglich sieht, oft auch kaum möglich. 

Deswegen Wichtigste zum Schluss: Sich selbst stärken!

Ich schreibe und sage es so oft: Es ist vor allem wichtig, sich selbst zu stärken. Zu schauen, wieso man in diese Dynamiken gerät, wieso man auch bei Streits Narzissten oft keine klaren Grenzen setzt. Ebenso auch, wie man das selbst lernen kann. Du solltest, wenn du tief in diese Dynamiken gerätst, daran arbeiten, deine Angst schrittweise abzulegen. Auch aufhören, deine Bedürfnisse zu verbergen und lernen, deine Standpunkte vertreten – auch wenn diese konträr zu denen des Narzissten sind und zu Konflikten führen. 


Selbstvorwürfe ablegen lernen

Noch ein anderer Gedankengang: Selbstvorwürfe, resultierend aus sehr starken Selbstzweifeln sind meiner Meinung nach einer der Kernpunkte, wie Narzissten wunden Punkte und eine vermeintliche „Schwachstelle“ des Gegenübers treffen (wollen). Das besonders auch bei Streits. Selbstvorwürfe beschreibt Dr. Malkin in seinem Buch „Der Narzissten-Test“, 1. Auflage als „Angst vor Liebesentzug“. Dieser kann bei Narzissten drohen, wenn man im Umfeld andere Wünsche äußert. Damit solltest du dich auch auseinandersetzen, wenn du aus dem Grund immer wieder und der ungesunden Streitschleife mit Narzissten gerätst und keine konsequenten Grenzen setzt. Zu lernen, dich selbst und deinen Selbstwert zu stärken.

Wie willst du selbst leben?

Man kann anhand von Streits in Beziehungen jeglicher Art meiner Meinung nach auch erkennen, ob das Gegenüber tatsächlich auf einen anderen eingehen kann oder es auch will. Man sieht, ob dieser wirkliches Interesse an der Klärung von Konflikten oder Fragen hat, Streits gesund führt. Versucht dieser wirklich, die Standpunkte des Gegenübers nachzuvollziehen oder dreht sich die Spirale der Abwertung immer weiter? Wenn ja, dann sollte man überlegen, ob einen das dauerhaft glücklich macht.

Hoffnung realistischer einschätzen

Und auch wenn es traurig ist: Man muss sich möglicherweise auch von der Illusion befreien, dass sich dieses Streitverhalten bei Narzissten, bei denen der Narzissmus sehr ausgeprägt ist, ganz grundlegend ändert. Ebenso auch, dass man das Streitverhalten selbst bei Narzissten ändern kann (man ist nicht der Therapeut und auch keine Fee). Das Veränderungspotenzial natürlich individuell bei jeder Person anders. Narzissten müssten dann aber ganz tief in ihr eigenes Selbst gehen, ihr Verhalten reflektieren, sich hinterfragen und das machen sie mit einer großen Wahrscheinlichkeit nicht. Zumal sie sich selbst oft als fehlerfrei sehen. Deswegen ist es notwendig, die eigene Haltung zu stärken und sich nicht in diese Dynamiken ziehen zu lassen. Denn im weiteren Umfeld und Alltag, wird man immer wieder Narzissten begegnen.


Das enge Umfeld

Aber im engen Umfeld, da hast du die Auswahl. Deswegen versuche, dich mit Menschen im engen Umfeld zu umgeben, die dich glücklich machen und sich nicht traurig sehen wollen, dich nicht entwerten und dich ständig absichtlich verletzen und streitsüchtig sind. Sondern mit denen, die für dich da sind und mit denen du eine glückliche Gegenwart und Zukunft haben kannst. Einen weiterführenden Artikel zum Thema Streits  findest du auch hier. In diesem Sinne wünsche ich dir alles Liebe für das Jahr 2018! Eure Marie ♥

Wer schreibt hier?

Marie

Hi, Ich bin Marie, eine sport- und reisebegeisterte Expertin für das Thema Narzissmus. Mit langjähriger Erfahrung als Bloggerin und mittlerweile über insgesamt 350 Artikeln schreibe ich hier seit 2016 jeden Samstag zu den Themen Narzissmus, psychische Gesundheit, Psychologie und gesunder Selbstwert. Seit 2016 betreibe ich zudem mit viel Herzblut und Leidenschaft meinen YouTube-Kanal »Narzissmus verstehen«, der mittlerweile über 55.000 organisch gewachsene Follower zählt. Darüber hinaus bin ich Autorin des Ratgebers „Die Maschen der Narzissten“, der in der dritten Auflage beim Gräfe und Unzer (GU) Verlag erschienen ist. Individuelle Fragen zum Thema Narzissmus beantworte ich im Rahmen meines professionellen Beratungs- und Coachingangebots gerne. Alle Inhalte meines Blogs und meiner weiteren Plattformen sind urheberrechtlich geschützt. 🫶 Marie

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