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Ständige Versagensangst


Die ständige Angst, den Ansprüchen anderer, aber auch sich selbst gegenüber nicht gerecht zuwenden, das kann einem das Leben ganz schön schwer machen. Diese Versagensangst kann punktuell auftauchen, aber auch permanent in einem schlummern. Diese Angst zu versagen kann es in allen Lebensbereichen geben: Sowohl im Job, Freundeskreis, wie auch vor der (narzisstischen) Familie oder dem eigenen Partner (ich schreibe wie immer in der männlichen Form, das ist leichter zu lesen). Leider kommen Versagensängste aus meiner Sicht oft vor, wenn man sich in einem narzisstischen Umfeld befindet. Denn nicht selten ist man selbst ein sehr unsicherer Typ mit einem geringen Selbstwert und vielleicht sogar viel zu reflektiert. Besonders dann, wenn man besonders viele Narzissten in seinem engen Umfeld hat, ist das leider oft der Fall. Denn Narzissten im engen Umfeld merken die Unsicherheiten ihres Gegenübers (auch wenn sie nicht besonders emphatisch sind) und mögen es, diese Unsicherheit absichtlich zu triggern. Das gibt ihnen ihre narzisstische Zufuhr. Vielleicht ist man selbst auch bereits mit narzisstischen Eltern aufgewachsen, die einem seit der Kindheit ständig das Gefühl gegeben haben, ein Versager zu sein und bis heute als Erwachsener das Gefühl geben.
Das alles kann das eigene Leben und die glückliche Entwicklung leider ganz schön hemmen. Um da mehr Klarheit zu bekommen schauen wir und heute einmal gemeinsam in vier Lebensbereichen an, in denen sich Versagensangst zeigen kann. 


 

Was ist Versagensangst?

Versagensangst ist laut dem medizinischen Nachschlagewerk Pschyrembel die “Angst davor, gegenü­ber an­deren Men­schen oder in sozialen Situationen zu ver­sagen, sich lächer­lich zu machen oder pein­lich zu ver­halten. Sie ist häu­fig mit Scham assoziiert und führt regel­haft zu Ver­meidungs­verhalten.” 

Mögliche Anzeichen für Versagensangst

Versagensangst im Job

Es ist besonders belastend, wenn einem die ständige Angst zu versagen das Leben im Job schwer macht. Leider zeigt sie sich gerade im Beruf gar nicht so selten. Aus Sorge, dass etwas nicht richtig macht, legt man sich ganz besonders in Zeug. Aber das immer wesentlich mehr, als es überhaupt gefordert wird und einem selbst auch guttut. Man ist morgens besonders früh im Office, bleibt am Abend bis spät und ist ständig erreichbar. Das Engagement für den Job reicht weit über die vertraglichen fünf Tage die Woche hinaus. Mithalten, sich einbringen und genug zu sein, bestimmen tief im Inneren den Arbeitsalltag und nicht selten auch die Gedanken zu Hause, wenn man wieder einmal an die Arbeit denkt oder sich wieder einmal an den Laptop setzt, obwohl man frei hat.

Die Angst zu versagen kann sich im Job im Extrem auch durch den Hang zum Perfektionismus zeigen: Immer wieder überprüft man auf der Arbeit jeden Schritt bei sich selbst. Die E-Mails inhaltlich sowie der Aufbau, mögliche Tippfehler und ist der Verteiler auch korrekt? Man verbringt mehr Zeit mit dem ständigen Checken möglicher Fehler als mit dem Formulieren der E-Mail. Das Kontrollieren möglicher Fehler geht über das gesunde Maß hinaus. Aber es wäre für einen selbst so fatal, würde man Fehler machen. Denn dann würde man anderen (narzisstischen) Menschen eine Angriffsfläche bieten, die oft scheinbar nur auf den nächsten Tippfehler warten, um einen dann als Versager dastehen zu lassen und vor anderen lächerlich zu machen und auch vor anderen öffentlich zu beschämen. 

Versagensangst in der Familie 

In der eigenen Familie 

Narzisstische Eltern triggern ständig die Versagensangst ihrer Kinder. Denn diese haben scheinbar wahnsinnig hohe Erwartungen an ihre Kinder. Bei genauem Hinschauen sind diese oft für diese nicht oder nie erreichbar. In vielen Fällen überfordern sie diese absichtlich und lassen sie mit unlösbaren Aufgaben scheiten und stellen sie dann als Versager da. Da sind wir dann im bösartigen Bereich des Narzissmus. Zudem wird bereits das kleinste Problem (was oft nicht einmal eins ist), das man verursacht von den narzisstischen Eltern zum großen Desaster aufgebauscht. Es kann passieren, dass man deshalb auch als Versager von ihnen hingestellt und sogar beschimpft wird. Das kann sich tief in einen selbst einbrennen. Denn wenn etwas schiefläuft, dann denkt man sofort “genau, ich bin eben ein Versager”. Es ist, als wären die narzisstischen Eltern noch immer da, und als wären sie der Reminder im Kopf, der Versager zu sein. 

Beispiel Sascha und sein narzisstischer Vater

Sascha zuckte zusammen, als sein Chef plötzlich laut wurde und rief “Bin ich hier nur unter Versagern?!”. Dabei war er heute Erwachsen und Anwalt in einer Großkanzlei. Aber bei den Worten kam ihm sofort sein Vater in den Sinn. Denn das hatte er auch immer zu ihm gesagt, wenn er wütend auf ihn war. Dabei war Sascha ein ganz liebes Kind und auch Jugendlicher gewesen, ein besonders fleißiger Junge, der versuchte immer alles richtig zu machen. Aber manchmal reichte aber schon eine Kleinigkeit, dass sein Vater ihn als Versager bezeichnete. Zum Beispiel, als der Vater ihn einmal spontan bat, auf den neuen Gasgrill mit dem teuren Fleisch aufzupassen. Aber Sascha wusste nicht, wie das System mit den Garzonen überhaupt funktionierte, er war auch noch viel zu klein. Sein Vater kam nicht wieder trotz Saschas Rufe, das Fleisch wurde immer schwärzer, aber er hatte aber keinen Teller, um es drauflegen. Irgendwann tauchte sein Vater dann auf und dann schrie Sascha wieder an “Versager, das teure Fleisch! Wie soll aus Dir mal ein Mann werden, wenn Du das nicht kannst! Einmal bittet man Dich um was”. So war es so oft früher und auch heute hatte er noch immer Angst vor seinem Vater zu versagen. Sein Chef erinnerte ihn mit seinem aggressiven Tonfall und den Worten erinnerten so sehr an seinen narzisstischen Vater. Da war sie dann wieder, die ständige Angst zu versagen, die so getriggert wurde.

Mein Tipp:

Erkenne die ungesunde Dynamik in der du vielleicht schon als Kind gelebt hast. Oft bist du dann als Versager betitelt worden, obwohl du nichts falsch gemacht hast und absichtlich in eine Situation gebracht wurdest, die du nicht lösen konntest. Heute bist du aber Erwachsen und kannst beginnen, dich gegen solche Abwertungen und Situationen abzugrenzen. Das kannst du auch noch nachträglich lernen. Kleiner Hinweis: ganz viele Informationen und Tipps dazu gibt es auch in meinem aktuellen Buch. 


 

Die ständige Angst zu versagen bei den Schwiegereltern  

Auch die narzisstischen Schwiegereltern können mit ihrem Verhalten dafür sorgen, dass man sich in ihrem Umfeld als totaler Versager fühlt. So kann es ständige passive Bemerkungen von der Schwiegermutter geben, die Schwägerin macht flapsige Sprüche über den Job, wenn man mit ihr zusammen ist. Oder es gibt den narzisstischen Schwager, der es nicht lassen, kann einen immer wieder in ein toxisches Battle zu verstricken, dass man nur verlieren kann. Bei wenig eigenem Selbstwert kann einen das ganz schön verunsichern. Vor allem auch dann, wenn der narzisstische Partner sich mit ihnen toxisch verbündet. Man fühlt sich im und nach dem Kontakt mit ihnen als wertlos und als Versager. Deshalb hat man bereits im Vorfeld Angst vor dem Besuch bei ihnen. 

Mein Tipp:

Erkenne auch in der “Schwiegerfamilie” ungesunde Dynamiken wie toxischen Humor. Setze hier deine klaren Grenzen und habe einen Kontakt zu dieser, wie er dir guttut. 

Versagensangst vor sich selbst 

Das ist wohl das schlimmste und aus meiner Sicht aber auch das Traurigste im Hinblick auf die Angst ständig zu versagen, aber daran kann man bei sich selbst arbeiten: Das scheinbare Versagen vor sich selbst. Man wird sich selbst immer wieder nicht gerecht oder hat ständig Angst davor. Man traut sich selbst nichts zu oder setzt sich mit seinen eigenen Erwartungen an sich selbst unfassbar unter Druck. Das kann ganz verschiedene Bereiche betreffen: Die Karriere, die man für sich detailliert geplant hat und die keinesfalls schieflaufen soll, die genaue Lebensplanung oder bei der Familie oder den Schwiegereltern beliebt zu sein. Aber auch innerhalb der Gesellschaft und der scheinbaren Erwartungen dort, wenn man aus einem kleinen Ort kommt und ein Weg scheinbar schon vorgezeigt ist, nicht zu enttäuschen. Dabei hängt man die eigenen Ziele oft sehr hoch (viel zu hoch), passt sich vielleicht auch viel zu sehr an und nimmt sich zudem auch jegliche Form der (inneren) Flexibilität.

Mein Tipp:

Machst du dir selbst zu viel Stress deine eigenen Ziele zu erreichen? Erkenne diese ungesunde Dynamik und versuche lieber und wesentlich nachsichtiger zu sein. Sei dein guter Freund und nicht dein eigener Feind.

Ständige Angst zu versagen: Das Video

Wie sehen weitere Versagensthemen und Versagensängste aus? Die ständige Angst zu versagen: Wo liegen da die Ursachen und auch Probleme ? Was kann man tun um sie abzulegen und mit ihnen umzugehen? Ich habe Tipps in meinem neuen Video zum Versagensangst:

Marie

Hi, ich bin Marie, eine sport- und reisebegeisterte Expertin für das Thema Narzissmus. Mit langjähriger Erfahrung als Bloggerin und mittlerweile über insgesamt 400 Artikeln schreibe ich hier seit 2016 jeden Samstag zu den Themen Narzissmus, psychische Gesundheit, Psychologie und gesunder Selbstwert. Seit 2016 betreibe ich zudem mit viel Herzblut und Leidenschaft meinen YouTube-Kanal »Narzissmus verstehen«, der mittlerweile über 59.000 organisch gewachsene Follower hat. Darüber hinaus bin ich Autorin des Ratgebers „Die Maschen der Narzissten“, der in der vierten Auflage beim Gräfe und Unzer (GU) Verlag erschienen ist. Zudem biete ich professionelle Beratung und auch Coaching an. Alle Inhalte meines Blogs und meiner weiteren Plattformen sind urheberrechtlich geschützt. 🫶 Marie
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